Knochenaufbau und Implantat gleichzeitig – geht das?

Nicht jeder Kiefer bietet die nötige Stabilität für ein Zahnimplantat. Reicht der vorhandene Kieferknochen dafür nicht aus, ist zunächst ein Knochenaufbau notwendig, der die Versorgung mit festsitzendem Zahnersatz allerdings deutlich in die Länge ziehen kann. Der Wunsch vieler Patienten, Knochenaufbau und Implantat gleichzeitig machen zu lassen, ist nur zu gut verständlich. Unter welchen Voraussetzungen die simultane Behandlung möglich ist, welche Vorteile sie bietet und wo ihre Grenzen sind, klären wir in diesem Beitrag.

Häufig können Knochenaufbau und Implantation zusammen erfolgen.

1. Was ist ein Knochenaufbau und wann ist der notwendig?

Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass die für ein Implantat notwendige Knochensubstanz wirklich vorhanden ist. Soll eine Implantation durchgeführt werden, prüft der Zahnarzt deshalb zunächst die Breite des Kieferknochens und dessen Stabilität. Wird diagnostiziert, dass das gewünschte Implantat in der natürlichen Knochensubstanz nicht den nötigen Halt finden würde, findet zunächst der gezielte Knochenaufbau statt.

 

2. Ursachen fĂĽr Knochenverlust

Die Behandlung ist dann notwendig, wenn z.B. nach einem Zahnverlust bereits der Knochenverlust eingesetzt hat. Durch das Fehlen des Zahns erfährt der Kieferknochen beim Kauen nicht mehr die gewohnte Belastung. Der Körper beginnt deshalb schon nach wenigen Wochen, den Kieferknochen abzubauen. Je länger mit der Implantation gewartet wird, desto höher ist deshalb die Wahrscheinlichkeit, dass der natürliche Kieferknochen alleine nicht mehr für die Implantation ausreicht.

 

Neben dem einige Zeit zurĂĽckliegenden Zahnverlust gibt es noch weitere GrĂĽnde, weshalb zu wenig Kieferknochen vorhanden sein kann:

  • Parodontitis: Kommt es zu dieser chronischen EntzĂĽndung des Zahnhalteapparats, verliert meist auch der Kieferknochen an Substanz. Während im frĂĽhen Stadium der Knochenabbau meist noch nicht eingesetzt hat, schreitet er später klar voran.
  • Unfälle: Kommt es im Rahmen eines Unfalls zu Verletzungen im Kieferbereich, kann die Knochenstruktur nachhaltig geschädigt werden.
  • Fortgeschrittenes Alter: Mit zunehmendem Alter verlieren auch unsere Kieferknochen an Substanz. Bei älteren Menschen kommt es deshalb häufiger vor, dass nicht genĂĽgend Knochen fĂĽr eine Implantation vorhanden ist.

 

3. Wie funktioniert der Knochenaufbau?

Abhängig davon, an welcher Stelle zu wenig Knochensubstanz vorhanden ist und wie groß das Defizit ist, kann der Zahnarzt unterschiedliche Verfahren zum Knochenaufbau anwenden, über die wir in unserem Blogartikel zum Knochenaufbau ausführlich informieren. Dazu zählen:

 

  • Knochenanlagerung: Größere Defizite lassen sich mithilfe der Knochenanlagerung ausgleichen. Dabei wird zumeist körpereigener Knochen verwendet, der auf den natĂĽrlichen Kieferknochen aufgelagert wird. Dieser kann zum Beispiel aus dem Kieferwinkel oder, falls nötig, dem Beckenkamm entnommen werden.
  • Knocheneinlagerung: Hat sich zum Beispiel nach Zahnverlust ein Hohlraum im Kieferknochen gebildet, kann der Operateur das Verfahren der Knocheneinlagerung nutzen. Das Knochenmaterial wird dann in den Hohlraum eingebracht und verwächst mit diesem.
  • Sinuslift: Liegt die geplante Implantatstelle zu nahe an der Kieferhöhle, wird mit einem sogenannten Sinuslift die Schleimhaut der Kieferhöhle angehoben. Dadurch entsteht neuer Raum, der meist mit synthetischem Knochenersatzmaterial gefĂĽllt wird.
  • Bone Splitting: Das Verfahren wird eingesetzt, um eine Implantation trotz eines zu schmalen Kieferkamms zu ermöglichen. Dieser wird mit einem speziellen Instrument gespalten und ĂĽber den entstandenen Spalt erweitert. 

 

Häufig kommt beim Knochenaufbau eine Mischung aus körpereigenem Knochen und synthetischen Materialien zum Einsatz. In den meisten Fällen ist deshalb kein gesonderter Eingriff zur Entnahme von Eigenknochen erforderlich.

 

4. Die Vorteile von gleichzeitiger Implantation und Knochenaufbau

Die meisten Patienten sind zunächst unglücklich darüber, dass vor ihrer geplanten Implantation ein Knochenaufbau erforderlich ist. Grund dafür sind einerseits die zusätzlichen Kosten, die zumindest von gesetzlich Versicherten zu großen Teilen selbst getragen werden müssen. Je nach Komplexität des Eingriffs können diese leicht bis in den vierstelligen Bereich ragen.

Andererseits zählt die deutliche Verlängerung der Behandlungsdauer zu den Nachteilen. Wird festsitzender Zahnersatz benötigt, so wünschen sich Betroffene möglichst schnell eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität. Wird der Knochenaufbau vorangestellt, bedeutet dies nicht nur einen separaten Eingriff und das unangenehme Gefühl, sich zweimal einem kleinen chirurgischen Eingriff unterziehen zu müssen. Darüber hinaus wird viel Zeit benötigt, bevor das neu eingebrachte Material mit dem Kieferknochen verwächst. Je nach Eingriff vergehen dabei zwischen drei und neun Monate. Bevor dieser Prozess, die so genannte Osseointegration, abgeschlossen ist, muss die Implantation warten.

Unter bestimmten Umständen können Knochenaufbau und Implantation gleichzeitig erfolgen. Diese simultane Behandlung hat für Patienten erhebliche Vorteile:

 

  • VerkĂĽrzung der Behandlungsdauer: Statt zwei separater Eingriffe, zwischen denen eine Heilungszeit von drei bis neun Monaten liegen muss, kann die Behandlung in nur einer Sitzung erfolgen. So kann der festsitzende Zahnersatz deutlich frĂĽher in Empfang genommen werden.
  • Geringere chirurgische Belastung: Anstelle von zwei Operationen ist nur eine erforderlich. Das reduziert die Belastung fĂĽr den Körper, reduziert das Risiko fĂĽr Komplikationen und ist eine psychische Entlastung.
  • Geringere Kosten: Aufgrund des geringeren Behandlungsaufwands werden auch die Gesamtkosten der Versorgung mit Zahnersatz gedrĂĽckt. Dadurch fällt der Eigenanteil am Ende niedriger aus.
  • FrĂĽhere Implantation: Eine ZahnlĂĽcke kann die Lebensqualität und das Selbstbewusstsein deutlich beeinträchtigen. Finden Implantation und Knochenaufbau gleichzeitig statt, ist diese Zeit der Belastung schneller wieder vorbei.

 

5. So läuft die simultane Behandlung ab

Werden Implantat und Knochenaufbau gleichzeitig durchgefĂĽhrt, folgt der Eingriff einem ganz bestimmten Muster:

 

  1. Zahnextraktion: Falls sich an der Stelle der geplanten Implantation noch ein nicht erhaltenswürdiger Zahn befindet, extrahiert der Zahnarzt diesen unter örtlicher Betäubung.
  2. Implantation: Nun bringt der Zahnarzt das Implantat in die vorhandene Knochenstruktur ein. Je nach Komplexität des Eingriffs kann dieser Schritt etwa eine Stunde in Anspruch nehmen.
  3. AuffĂĽllung der Defizite: Die zuvor diagnostizierten Defizite in der Kieferknochenstruktur werden nun mit Knochenersatzmaterial ausgeglichen. DafĂĽr bringt der Zahnarzt dieses in die entsprechenden Stellen ein.
  4. Abdeckung: Der operierte Bereich wird mithilfe einer Membran abgedeckt. Diese kann z.B. aus körpereigenem Blutplasma gebildet werden.
  5. Nahtverschluss: Nun vernäht der Zahnarzt die Wundränder, an denen sich nach kurzer Zeit ein Wundpfropf bildet. Damit beginnt die Phase der Einheilung.

 

6. Was kostet ein Implantat mit simultanem Knochenaufbau?

Der Umfang des erforderlichen Knochenaufbaus hat einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Gesamtkosten Ihres Zahnersatzes. Zwar sind die Gesamtkosten bei gleichzeitiger Behandlung im Durchschnitt etwas niedriger. Dennoch kann der Knochenaufbau allein bereits zwischen 400 und 1000 Euro kosten. Je nach dem, fĂĽr welches Implantat Sie sich entscheiden, kommen noch einmal 1.000 bis 2.000 Euro dazu. Die groben Gesamtkosten fĂĽr ein Implantat mit gleichzeitigem Knochenaufbau bewegen sich dadurch im Bereich zwischen 2.000 und 4.500 Euro.

 

Eine weitere Möglichkeit zur Ersparnis bietet das Führen eines Bonushefts. Sofern Sie dort über mehrere Jahre die absolvierten Vorsorgeuntersuchungen eintragen, erhöht sich der von der Krankenkasse gezahlte Festzuschuss für Zahnersatz.

 

7. Voraussetzungen fĂĽr die Implantation in einer Sitzung

Auch wenn Sie sich als Patient in Anbetracht der oben genannten Vorteile eine Implantation mit gleichzeitigem Knochenaufbau wĂĽnschen, kann diesem Wunsch nur unter bestimmten Voraussetzungen entsprochen werden. Dazu zählt, dass eine ausreichende Restknochensubstanz in Höhe und Breite vorhanden ist, damit das Implantat eingesetzt werden kann. Zahnmediziner sprechen dabei auch von der sogenannten Primärstabilität, die gegeben sein muss. Lokale EntzĂĽndungen oder Infektionen mĂĽssen unbedingt ausgeheilt sein. 

Es gibt eine Reihe von Risikofaktoren, welche die Stabilität eines jeden Implantats beeinträchtigen können. Dazu zählen zum Beispiel unkontrollierter Diabetes, eine Immunschwäche oder starkes Rauchen. Da sich diese und weitere Faktoren negativ auf die Heilung auswirken, ist eine simultane Behandlung dann meist nicht möglich.

 

8. Risiken und Grenzen der simultanen Behandlung

Der wesentliche Nachteil der simultanen Behandlung liegt darin, dass der neu aufgebaute Kieferknochen direkt hohen Belastungen ausgesetzt wird. Ist der Kieferknochen noch nicht ausreichend stabilisiert, wird das Einheilen des Implantats deshalb deutlich erschwert. Im schlimmsten Fall kommt es dann zum Verlust des Implantats. Auch eine Membranverschiebung unter starker Belastung zählt zu den Risiken der Behandlung. Dadurch kann die Knochenheilung empfindlich gestört werden.

InfektionenInfektionen können bei mangelnder Mundhygiene oder schlechter Durchblutung auftreten.
Verlust des ImplantatsIst der Knochen nicht ausreichend stabilisiert, ist keine erfolgreiche Einheilung möglich.
MembranverschiebungDie Membran kann unter starker Belastung verrutschen, was die Knochenheilung beeinträchtigt.

 

Deshalb gibt es bestimmte Fälle, in denen eine zweiteilige Behandlung im Abstand von einigen Monaten besser geeignet ist. Das gilt nicht nur für Patienten, die von starkem Knochenabbau betroffen sind, sondern auch für Eingriffe in komplexe anatomische Verhältnisse und beim Vorhandensein von Risikofaktoren.

 

9. So können Sie Knochenabbau nach Zahnverlust verhindern

Falls Sie erst gar nicht darüber nachdenken möchten, welche Form des Knochenaufbaus vor Implantation für Sie am besten geeignet ist, sollten Sie prophylaktisch tätig werden. Das richtige Verhalten hilft dabei, den Abbau des Kieferknochens nach Zahnverlust zu verhindern und ermöglicht eine einfache und kostengünstigere Implantation innerhalb einer Sitzung. Einen positiven Einfluss können Sie folgendermaßen ausüben:

  •  Nicht zu lange mit dem Implantat warten: Falls Sie von Zahnverlust betroffen sind und an der betreffenden Stelle ein Implantat wĂĽnschen, gehen Sie am besten sofort mit diesem Wunsch auf die Zahnarztpraxis zu. Je schneller Sie handeln, desto geringer ist der Knochenabbau.
  • Nutzen Sie herausnehmbaren Zahnersatz: Bleibt eine ZahnlĂĽcke ĂĽber längere Zeit bestehen, drohen nicht nur die Nachbarzähne dort hineinzukippen. Es fehlt auĂźerdem die natĂĽrliche Stimulation des Kieferknochens beim Kauen, die dem Knochenabbau entgegenwirkt. Herausnehmbarer Zahnersatz kann helfen, eine solche Stimulation herzustellen und dem Abbau entgegenzuwirken.
  • Gute Mundhygiene: Mit einer guten Mundhygiene reduzieren Sie das Risiko fĂĽr EntzĂĽndungen wie Gingivitis und Parodontitis. Dadurch verbessern Sie nicht nur die Zahngesundheit insgesamt, sondern reduzieren auch das Risiko des Knochenabbaus. Zu den Grundlagen zählen grĂĽndliches und regelmäßiges Zähneputzen, die Reinigung der Zahnzwischenräume und die Wahrnehmung der Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt.
  • Gesunde Lebensweise: Mit einer generell gesunden Lebensweise samt ausgewogener Ernährung unterstĂĽtzen Sie die Knochenstruktur ebenfalls. Dazu zählen auch regelmäßige Bewegung und der Verzicht auf Nikotin.

 

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